Recycling von Mehrwegartikeln: Wie funktioniert das?

Recycling ist als zentraler Bestandteil der modernen Abfallwirtschaft eine effektive Umweltschutzstrategie. Es bezeichnet den Prozess der Rückgewinnung von Rohstoffen aus Abfällen. Indem wir Materialien wie Glas, Metall, Kunststoff oder Papier recyceln und im Sinne einer Kreislaufwirtschaft Müll wiederverwerten, reduzieren wir den Bedarf an Rohstoffen, die oft unter großem Energieaufwand abgebaut und verarbeitet werden müssen. Ein funktionierendes Recyclingsystem spart wertvolle Ressourcen, reduziert Müll und verringert die Umweltbelastung.

Das seit 2012 gültige deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) verpflichtet Hersteller dazu, Produkte so zu entwerfen, dass während der Produktion und Nutzung Abfälle möglichst minimiert werden und nach dem Gebrauch eine umweltgerechte Verwertung gewährleistet ist. Das Verpackungsgesetz (VerpackG) schafft seit 2019 zusätzlichen Anreiz für den Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen, um endliche Ressourcen zu schonen. Zur Reduktion von Verpackungsabfällen wird zunehmend versucht, auf nachhaltige Verpackungslösungen umzusteigen. Nicht zuletzt treibt die kürzlich verabschiedete EU-Verpackungsverordnung (PPWR, engl: Packaging and Packaging Waste Regulation) einen Wandel in der Verpackungsindustrie voran.

Ist Mehrweg nachhaltiger als Einweg?

Wie der Name vermuten lässt, können Mehrwegverpackungen und Mehrweggeschirr mehrfach verwendet werden. Mehrfachnutzungen, Reparaturpotenzial und ein organisiertes Abfallmanagement sind laut dem Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik für alle Arten von (Bio-) Kunststoffprodukten anzustreben. So sind Mehrweg-Food-Container grundsätzlich eine nachhaltige Lösung. Zumindest dann, wenn sie zirkulieren, in Spülmaschinen mit Ökostrom gereinigt werden und am Ende ihrer Lebenszeit nicht entsorgt und verbrannt, sondern recycelt werden.

messe schalen weiß mehrweg bei der Reinigung
Die Spülstraße im Spülmobil des Bremer Musikszene e.V.

Inwiefern das funktioniert, bestimmen verschiedene Faktoren. Wie auch bei anderen Produkten stellt die Materialbeschaffenheit ein wichtiges Kriterium für die Recyclingfähigkeit von Mehrweggeschirr dar. Abhängig vom Material können sich Mehrwegprodukte für verschiedene Formen des Recyclings qualifizieren, was sie grundsätzlich kreislauffähig macht. Im Idealfall wird ein Mehrwegteller im Recyclingprozess wieder zu einem neuen Mehrwegteller verarbeitet. Diesem Ziel stehen jedoch einige Herausforderungen im Weg, die das Recycling von Mehrwegartikeln einschränken. Ein sorgfältiger Blick auf unser Recyclingsystem gibt Aufschluss darüber, warum aus einer ehemaligen Lebensmittelverpackung derzeit (noch) keine neue Lebensmittelverpackung werden kann.

Wie funktioniert Recycling?

Entsorgungsunternehmen sammeln anfallenden Müll, der anschließend in Recyclinganlagen sortiert wird. Normalerweise treffen wir in Deutschland zuvor schon eine Vorsortierung, indem wir unsere Abfälle in Bioabfall, Gelben Sack bzw. gelbe Tonne, Rest-, Elektro- und Sondermüll aufteilen. Was nach der manuellen Sortierung auch von den Maschinen in Sortieranlagen nicht zugeordnet werden kann, wird aussortiert und verbrannt. Anschließend kommen verschiedenen Recyclingmöglichkeiten infrage:

  • Energetische Verbrennung
  • Chemisches Recycling
  • Werkstoffliches Recycling / mechanisches Recycling
  • Biobasiertes Recycling

Energetische Verbrennung

Sie ist auch bekannt als thermische Verwertung oder Waste-to-Energy und meint den Prozess der Abfallverbrennung zur Energiegewinnung. Obwohl diese Methode nicht unbedingt den Vorsätzen einer Kreislaufwirtschaft entspricht, kommt sie bislang am meisten vor. Dafür gibt es Gründe: Die energetische Verbrennung ist besser als eine Deponierung und bietet zumindest die Möglichkeit, die Abfälle zu verwerten. So wird gleichzeitig Wärme oder Strom generiert, was zur Reduzierung des Einsatzes fossiler Brennstoffe beiträgt.

Chemisches Recycling

Für dieses Recyclingverfahren müssen Kunststoffe nicht zwingend sortenrein sortiert werden. Weil das bei modernen Kunststoffverpackungen aufgrund ihrer individuellen Zusammensetzungen ohnehin oft unmöglich ist, ist das ein großer Vorteil dieser Recyclingform. Sie wird auch rohstoffliche Verwertung genannt und meint den Aufspaltungsprozess der Materialien in niedermolekulare Bestandteile. Leider ist der Energieaufwand hierfür derzeit noch hoch, weshalb es als unwirtschaftlich gilt und in Deutschland relativ wenig genutzt wird.

Werkstoffliches Recycling

Es wird auch mechanisches Recycling genannt und bezeichnet ein Verfahren, bei dem sortenrein gesammelte Abfälle sortiert werden, um anschließend als Rezyklate für eine neue Anwendung aufbereitet zu werden. Rezyklate sind Ausgangsstoffe für neue Produkte, die man im Recyclingprozess durch Zerkleinerung, Schmelzen und die anschließende Umwandlung in Sekundärrohstoffe herstellt.

Biobasiertes Recycling

Biokunststoffe lassen sich in verschiedene Kategorien einordnen. Sie können biobasiert, bioabbaubar oder sogar beides auf einmal sein.

Biobasiert: Die Produkte wurden (anteilig) aus Biomasse hergestellt, wie etwa Mais, Cellulose oder Zuckerrohr.

Bioabbaubar: Mikroorganismen können das Material in einem biochemischen Prozess in natürliche Substanzen umwandeln, beispielsweise in Wasser, Kohlendioxid oder mikrobielle Biomasse.  Umweltbedingungen und Molekülstruktur des Kunststoffs bestimmen die Abbaugeschwindigkeit.

Sammlung von Recyceling Behaeltern mit verschiedenen Abfallarten

Was bedeutet lebensmittelechtes Recycling?

Warum kann eine Mehrwegschale nicht zu einer neuen Mehrwegschale verarbeitet werden, obwohl ihre Bestandsmaterialien ein ausgezeichnetes Recyclingpotenzial aufweisen? Das hat mit bestehenden gesetzlichen Regulationen für die Lebensmittelindustrie zu tun: Die EU-Verordnung (Nr. 2022/1616) zu Materialien und Gegenstände aus recyceltem Kunststoff, die in Berührung mit Lebensmitteln stehen, soll der Sicherheit des Produktes und letztlich dem Schutz unserer Gesundheit dienen. Ihren Anforderungen müssen alle Materialkomponenten sowie der Recyclingprozess gerecht werden. Das Risiko für potenzielle Verunreinigungen durch Fremdstoffe soll so minimiert werden. Bis jetzt existieren noch nicht ausreichend Lösungen, um Rezyklate im Lebensmittelumfeld ohne erheblichen zeitlichen und technischen Aufwand wiederzuverwenden. Nur zwei alltagstaugliche Technologien für lebensmittelechtes Recycling wurden in Deutschland gesetzlich zugelassen:

  • Das Recycling von PET-Flaschen zu neuen PET-Flaschen
  • Das Recycling von geschlossenen, überwachten Produktkreisläufen.

Der Produktionskreislauf wird streng überwacht, damit garantiert keine ungewollten Kontaminationen stattfinden. Vorschriften befehlen, dass lebensmittelechte Mehrwegprodukte ausschließlich innerhalb einer Fima oder eines Produktionsverbunds zirkulieren dürfen, beispielsweise als Lagerbehälter für Lebensmittel. Weil sie die Firma nicht verlassen dürfen, ist diese Technologie für Mehrwegverpackungen ungeeignet. Schließlich sollen Endverbraucher das Mehrwegprodukt mit nach Hause nehmen dürfen, was die ständige Überwachung unterbrechen würde.

Derzeit kann Mehrweggeschirr also noch nicht zu neuem Mehrweggeschirr verwandelt werden. Außerhalb der Lebensmittelindustrie darf es allerdings landen: Im zweiten Lebenszyklus kann die Mehrwegschale als ein anderes Produkt, beispielsweise als recycelter Kugelschreiber, das Licht der Welt erblicken. Damit Zero Waste Lösungen und lebensmittelechtes Recycling von der Zukunftsvision zur Realität wird, sollten wir realistisch über die Möglichkeiten und Grenzen von Recycling nachdenken. Nur so lassen sich derzeitige Herausforderungen gezielt angehen, sodass eine Kreislaufwirtschaft, in der Lebensmittelprodukte wieder zu gleichwertigen Produkten verwertet werden, nicht Wunschdenken bleibt.